Lilly Lindner: Was fehlt, wenn ich verschwunden bin?

#1 von Sonnenstrahl , 09.10.2021 20:00

Autor und Titel des Buches stehen oben, in der Überschrift.

Handlung:

Eltern, die haben zwei Töchter, April und Phoebe. Zwischen den Geschwistern sind sieben Jahre Unterschied. Die eine ist 16 Jahre alt (April), die andere 9 (Phoebe). Die beiden verstehen sich sehr gut untereinander, meinen, dass ihre Eltern nichts verstünden.

Die Eltern wollen, dass ihre Kinder "normal" sind und was die beiden für Gedanken haben und sie auch noch laut aussprechen, ist in ihren Augen nicht "normal". Die 16-Jährige ist still, unsagbar still. Sie hat gelernt, mit 8 Jahren, den Mund zu halten, weil ihre Mutter, aber auch ihr Vater sie anbrüllten, wen sie etwas sagte. In den jungen Jahren tritt sie in den Hungerstreik. Sie isst nicht mehr viel, nur noch Obst und Knäckebrot, wenn es hochkommt. Sie hat versucht, die Liebe ihrer Eltern wieder zurück zu gewinnen. Was sie auch macht, immer ist es falsch. Es heißt immer nur: "Warum isst du nichts?" oder "Du musst essen Kind!". Wenn sie mit ihren Eltern reden will, über ihre Probleme, über ihre unsagbare Wut, die sie in sich trägt, heißt es: "Geh nach draußen, spiel mit den anderen Kindern!"

Dann kommt Phoebe zur Welt, sie wird von ihren Eltern geliebt, gepflegt, verhätschelt und umsorgt. April darf nur noch zuschauen, wie sich ihre Eltern um die Kleine kümmern, um sie kümmerte sich keiner mehr. Als die Kleine größer wird, fängt sie auch an zu reden wie April. Die Eltern machen sich Sorgen, denn sie sollte nicht so werden wie sie. Es hieß immer nur "Halt den Mund", "Du bist ja nicht mehr ganz bei Trost, so etwas zu sagen", "Woher willst du das wissen?", "Das sagt man nicht!" oder "Das hat April dir eingeredet!".

Die beiden Schwestern versuchen sich gegenseitig zu unterstützen und zu helfen. Als April 16 ist, kommt sie in eine Klinik, weil sie nur noch Haut und Knochen ist. Sie wird von ihren Eltern in die Klinik gebracht, dort ist das Aufnahmegespräch, zusammen mit ihnen. Sie wird aufs Zimmer gebracht und keiner verabschiedet sich von ihr. Sie wird allein gelassen. Keine Umarmung zum Abschied, nichts. Ein Gespräch hat April noch mit ihrer Mutter, als sie im Zimmer allein sind. Sie sagt zu ihr: Dir ist klar, dass Phoebe Dir schreiben wird. Du wirst NICHT auf ihre Briefe reagieren, hörst Du? Du bist an dem schuld, dass sie nicht ganz "normal" ist, vielleicht wird sie es jetzt, wenn Du nicht mehr zu Hause bist."

Phoebe schreibt ihr natürlich und wundert sich, warum April nicht antwortet. Sie schreibt trotzdem fleißig weiter. Sie fragt ihre Eltern, ob April wieder heim kommt, ob es ihr endlich besser geht. Die vertrösten sie, versprechen ihr, dass sie sie bald besuchen kann. Doch die Eltern wissen, dass April sterben wird. Sie isst nichts und wird immer schwächer. Bis dann der Tod kommt. April hat natürlich ihrer Schwester Briefe geschrieben, aber niemals abgeschickt. Die Kleine lernt den Papa ihrer Freundin Hazel kennen und die beiden verstehen sich auf Anhieb. Er ist Literaturagent und Phoebe kann sehr gut mit Worten umgehen. Eines Tages besucht er die todkranke April und er sieht, dass sie nicht mehr lange zu leben hat. Sie gibt ihm die Briefe mit für Phoebe, damit sie sie, nach ihrem Tod, lesen kann.

April stirbt, ihre Schwester bekommt die Briefe endlich und Jahre später schreibt sie ein Buch darüber.

Mein Kommentar:

Manche Bücher packen einen an die Seele und solch eins ist das von Lilly Lindner.

Hier sind ein paar Auszüge aus dem Buch:

Aus einem Brief von Phoebe an April:

"Ich weiß zwar nicht, was Literaturagenten machen, aber ich glaube, das ist so ähnlich wie bei James Bond oder Scotland Yard: Sie laufen in schwarzen Mänteln und mit einem Aktenkoffer unter dem Arm durch die Straßen und versuchen Wörter zu fangen. Literaturagenten sind bestimmt immer auf der Jagd nach einem perfekten Satz oder einer aufregenden Geschichte! Vielleicht haben sie so ein Schmetterling-Fangnetz in der einen Hand, und damit pirschen sie sich ganz dicht an einen Schwarm Wörter heran, und dann stürmen sie völlig unerwartet aus dem Schatten einees Hauses hervor und stürzen sich auf die auseinanderstiebenden Worte. >Hey, wieder ein Wort geschnappt!<, rufen sie dann zufrieden, die Literaturagenten. Aber natürlich rufen sie es ganz leise für sich, denn Agenten sind sehr verschwiegene Menschen, hat Hazel gesagt. Sie müssen schließlich viele Geheimnisse bewahren und so viele Worte hüten!"

Aus einem anderen Brief von Phoebe an April:

"Ich, für meinen Teil, habe Abstand von Mama und Papa gebraucht -- die machen seit Weihnachten nämlich ständig Yoga, mit so einer DVD, die Tante Magda ihnen geschenkt hat, und seitdem sind die beiden unerträglicher als je zuvor. Am Anfang wollten sie sogar, dass ich mitmache, aber ich habe gesagt:>>Nein, danke! Ich brauche keine innere Ruhe! Ich mag den Sturm in mir! Das sind nämlich meine Gefühle! Und ich bin lieber zu laut als zu leise! Und ich will nicht die Augen zumachen und komisch atmen und schnaufen und oooohhhmmm sagen! Ich will lieber richtige Worte sagen, Worte mit einer Aussage! Worte, die etwas bewegen! Worte, die irgenwer versteht! Und ich will ganz bestimmt nicht schnaufen! Ich will normal atmen! Denn April wird bestimmt nicht schneller gesund, wenn ihr beiden Lungenprobleme bekommt! Und sie kommt auch nicht wieder eher nach Hause, nur weil ihr Kopfstand machen könnt oder wisst, wie ein Sonnengebet geht!<<"

Auszug aus einem Brief von April an Phoebe:

"Mama hat geblinzelt. Und dann hat sie gesagt: "April, du wirst KEINE Briefe an Phoebe schreiben! Du wirst ihr nicht von dieser kaputten Welt erzählen! Hast du das verstanden? Phoebe ist zu klein dafür. Und du hast nun wirklich schon genug kaputtgemacht! Du hast es geschafft, unsere ganze Familie zu zerstören, das muss man erst einmal schaffen! Du bist untragbar für jeden hier!"
Das hat Mama zu mir gesagt. Sie hat es sogar noch einmal wiederholt. Damit ich es auf jeden Fall verstehe. Ihre Worte waren besser als jede handgreifliche Gewalt. Sie haben mich umgehauen, weggefegt, und dann sind sie auf mir herumgetrampelt, bis jeder Knochen in meinem Körper zersplittert war. Schließlich hat Mama sich umgedreht und ist weggegangen, ohne sich zu verabschieden. Sie hat mich einfach stehen lassen. Im Regen. In meinem Regenschauer, der mich davongetrieben hat.
Vielleicht hätte Mama mich retten können, vielleicht hätte sie ihre Arme um mich schlingen und sagen können: "April, bitte werd wieder gesund! Wir lieben dich. Wir brauchen dich zu Hause! Du gehörst zu uns. Versprich mir, dass du gesund wirst. Ohne dich wird der Winter zu kalt!"

Aus einem anderen Brief von April an Phoebe:

"Pass auf dich auf, mein kleines Wortwesen. Vergiss nicht, wie gerne du lachst und atmest und lebst und wie freundlich deine Halloweenkürbisse immer aussehen.
Ich wünsche mir so sehr, dass wir uns bald wiedersehen. Ich habe vesucht, etwas zu essen. Ehrlich. Für dich und für mich - für uns. Aber mir ist so schlecht geworden, dass ich mich übergeben musste. Die Ärzte haben gesagt, dass mein Körper kein Essen mehr gewöhnt sei und dass ich es einfach weiter versuchen müsse. Aber ich weiß nicht, ob ich das schaffe. Manchmal bin ich so müde Phoebe, so furchtbar müde. Ich glaube, ich könnte einfach einschlafen, hier und jetzt, und nie wieder aufwachen. Ich liebe Dich! Deine April"


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